In Istanbul ist eine deutsche Familie nach dem
Verzehr von Straßenmuscheln schwer erkrankt. Die
Mutter und zwei Kinder starben im Krankenhaus, der
Vater überlebte schwer verletzt. Die Ermittlungen
laufen weiter, und die genaue Ursache steht noch
nicht fest. Eine Möglichkeit, die geprüft wird, ist
eine Vergiftung nach dem Konsum gefüllter
Miesmuscheln („Midye Dolma“), die am Straßenrand
verkauft wurden. Ob tatsächlich die Muscheln
verantwortlich sind, ist medizinisch noch nicht
belegt – dennoch lohnt sich ein Blick auf die
Risiken, die Muscheln grundsätzlich bergen können.
Muscheln gehören zu den sogenannten Filtrierern. Sie
pumpen große Mengen Meerwasser durch ihren Körper,
um daraus Nahrungspartikel zu gewinnen. Dabei
filtern sie allerdings nicht nur Plankton, sondern
auch Bakterien, Toxine und Schadstoffe, die im
Wasser vorhanden sind. Sie reichern diese Stoffe im
Gewebe an, teilweise in Konzentrationen, die für
Menschen gefährlich werden können.
Zu den relevantesten Erregern und Toxinen gehören:
1. Vibrio-Bakterien
Diese Keime kommen in warmem Meerwasser vor.
Besonders Vibrio parahaemolyticus und Vibrio
vulnificus können beim Menschen schwere Infektionen
auslösen. V. vulnificus ist besonders gefährlich:
Schon geringe Mengen können innerhalb weniger
Stunden zu Sepsis, Organversagen oder, bei
geschwächten Menschen, sogar zum Tod führen.
Muscheln können diese Bakterien in hohen
Konzentrationen speichern.
2. Salmonellen und andere enterische Keime
Wenn Muscheln in verschmutztem Wasser leben, können
sie Fäkalkeime aufnehmen. Das führt typischerweise
zu starker Übelkeit, Erbrechen und Durchfall, in
schweren Fällen ebenfalls zu Dehydration und
Kreislaufversagen.
3. Marine Biotoxine
Bestimmte Algen produzieren Neurotoxine, die von
Muscheln aufgenommen und gespeichert werden. Dazu
gehören:
• DSP-Toxine (Diarrhoeic Shellfish Poisoning)
• PSP-Toxine (Paralytic Shellfish Poisoning)
• ASP-Toxine (Amnesic Shellfish Poisoning)
Diese Stoffe können neurologische Symptome,
Lähmungen oder in seltenen Fällen lebensbedrohliche
Reaktionen verursachen. Das Problem: Sie werden
durch normales Erhitzen nicht zerstört.
4. Chemische Schadstoffe
Öle, Schwermetalle und industrielle Rückstände aus
Häfen oder belasteten Küstengewässern können sich
ebenfalls in Muscheln anreichern.
Die Gefahr steigt deutlich, wenn Muscheln nicht
kontrolliert gezüchtet oder überwacht werden – etwa
bei Straßenständen oder nicht regulierten Märkten.
Ohne Laboranalysen lässt sich nicht erkennen, ob
eine Muschel belastet ist. Auch der Geschmack,
Geruch oder das Aussehen geben oft keine Hinweise.
Im aktuellen Fall ist unklar, ob genau diese
Mechanismen eine Rolle gespielt haben. Die
türkischen Behörden untersuchen parallel mögliche
Lebensmittelvergiftungen, chemische Belastungen und
andere Ursachen. Dass Muscheln im Verdacht stehen,
liegt jedoch daran, dass sie im medizinischen Alltag
zu den Lebensmitteln gehören, die besonders häufig
pathogene Bakterien oder Toxine enthalten können und
im schlimmsten Fall zu schweren Vergiftungen mit
Sepsis führen.
Tödliche Muscheln in Istanbul am
Strassenstand am 16.11.2025: Analyse über Muscheln: Streetfood in der Türkei: Kinder und Mutter tot – das
musst du bei Muscheln beachten
https://www.20min.ch/story/streetfood-in-der-tuerkei-kinder-und-mutter-tot-das-musst-du-bei-muscheln-beachten-103451033
Mögliche Vergiftung: Paralytische Muschelvergiftung
(PSP):
Sie gilt als die gefährlichste. Ausgelöst wird sie
durch Saxitoxine, die Nervenzellen blockieren.
Typisch sind zuerst kribbelnde Lippen oder eine
taube Zunge. Später kann die Schwäche in Arme und
Beine übergehen. In schweren Fällen drohen Lähmungen
und Atemnot – unbehandelt kann PSP
tödlich enden.
Der Artikel:
Melissa Greiter-
Carolin
Teufelberger - Eine Familie
stirbt nach dem Verzehr von Streetfood in Istanbul,
der Verdacht liegt auf Muscheln. Wie kommt es zu
solchen Vergiftungen – und wie kann man sich schützen?
Ein Lebensmittelmikrobiologe und ein Zürcher Gastronom
erklären, worauf es ankommt.
In Istanbul starben eine Mutter und zwei Kinder
aus Hamburg – die Behörden vermuten eine
Muschelvergiftung.
Ein Zürcher Gastronom erklärt: In der Schweiz
gelten strenge Standards für Transport und
Zubereitung von Muscheln.
Muscheln müssen frisch sein, gut riechen und sich
beim Kochen öffnen.
Ein Kantonschemiker ergänzt: In der Schweiz sind
solche Fälle selten, Reisende sollten aber bei
Streetfood vorsichtig sein.
Der
tragische Fall
einer Hamburger Familie in Istanbul wirft viele
Fragen auf: Zwei Kinder (3 und 6) und ihre Mutter
starben nach dem Verzehr von Streetfood, der Vater
liegt noch im Spital. Vier
Händler wurden festgenommen, die Behörden
untersuchen Proben. Im Zentrum steht der Verdacht auf
eine Muschelvergiftung.
«Es kommen zwei Arten
von Vergiftungen infrage»
Ob
die Vergiftung tatsächlich von Muscheln stamme, bleibe
vorerst offen, da die Familie verschiedene
Lebensmittel verzehrt habe, so Martin Loessner,
Professor für Lebensmittelmikrobiologie an der ETH
Zürich. «Es kommen jedoch nur zwei Arten von
Intoxikationen infrage.»
Einerseits
die Paralytische Muschelvergiftung (PSP), die durch
Saxitoxin ausgelöst werde. Der Giftstoff werde von den
Muscheln über Algen aufgenommen und angereichert.
«Dieses Toxin bleibt auch bei korrekter Zubereitung
erhalten», erklärt Loessner. Die Symptome der Familie
würden darauf schliessen lassen – allerdings müssten
auch noch andere Personen in der Region betroffen
sein.
Verhindern
lasse sich PSP nur, wenn man zu bestimmten
Jahreszeiten komplett auf Muscheln – vor allem
Miesmuscheln – verzichte. «In Monaten ohne ‹R› – also
wärmeren Perioden – vermehren sich die entsprechenden
Algen stärker.» In der Türkei verschiebe sich diese
Risikophase witterungsbedingt etwas nach hinten,
weshalb eine PSP auch jetzt möglich wäre.
Sollte
das Gericht Reis enthalten haben, komme auch «Bacillus
Cereus» infrage, das sogenannte Fried-Rice-Syndrom.
Dieses könne bei aufgewärmtem Reis auftreten und in
schweren Fällen innert Stunden zu Organversagen
führen. «Solche Fälle gab es auch in Zürich – dafür
muss man nicht in die Türkei reisen», sagt Loessner.
Gastronom: «Auch bei
falscher Lagerung und Zubereitung drohen Gefahren»
Ein
solcher Fall sei einem Zürcher Gastronom, der in
seinem Restaurant regelmässig Muscheln serviert, zwar
nicht bekannt, aber auch er achte strikt darauf,
bestimmte Standards einzuhalten. Denn auch bei
falscher Lagerung oder Zubereitung könne es schnell
gefährlich werden.
Mehrere
hundert Kilogramm Muscheln würden täglich in seinem
Lokal eintreffen. Geliefert werden sie vom Schweizer
Grossanbieter Bianchi. «Schon dort gelten strenge
Anforderungen an die Qualität der Muscheln», erklärt
der Gastronom.
«Die Kühlkette darf
nie unterbrochen werden», betont ein Zürcher
Gastronom, der oft Muscheln zubereitet.Photo by Or Hakim
on Unsplash
Wenn
die Ware in Zürich ankomme, werde sie gut
kontrolliert. «Wir schauen sie zum einen genau an, ob
sie normal aussehen – zum anderen achten wir auch
darauf, ob sie auffällig oder abgestanden riechen.»
Die Muscheln seien nie älter als maximal zwei Tage.
Beim Waschen werde jede Muschel nochmals kontrolliert
und faule Exemplare aussortiert. Dabei sei für den
Gastronom besonders wichtig: «Die Kühlkette darf nie
unterbrochen werden.»
«Muscheln müssen leicht
geöffnet sein und salzig riechen»
Aber
auch bei der Zubereitung gebe es einiges zu beachten:
«Wie Pouletfleisch sollten Muscheln gut durchgekocht
werden. Alle Muscheln sollten sich öffnen und salzig
nach Meer riechen.» So könnten auch Gäste erkennen, ob
ihre Portion problemlos genossen werden kann.
Das
sollte das in den meisten Fällen möglich sein.
«Muschelvergiftungen sind hierzulande eher selten», so
Kantonschemiker Martin Brunner vom Kantonalen Labor
Zürich Auch die Auskunftsstelle Tox Info verzeichnet
nur eine geringe Menge von Anfragen zu
Muschelvergiftungen.
Was
der Kantonschemiker hingegen allen Reisenden
empfiehlt: «Auf den Genuss von Lebensmitteln ‹aus
unbekannter Quelle› würde ich aber persönlich immer
verzichten.»
16.11.2025:
Vier Arten von Muschelvergiftungen
https://www.20min.ch/story/streetfood-in-der-tuerkei-kinder-und-mutter-tot-das-musst-du-bei-muscheln-beachten-103451033
Paralytische
Muschelvergiftung (PSP):
Sie gilt als die gefährlichste. Ausgelöst wird sie
durch Saxitoxine, die Nervenzellen blockieren.
Typisch sind zuerst kribbelnde Lippen oder eine taube
Zunge. Später kann die Schwäche in Arme und Beine
übergehen. In schweren Fällen drohen Lähmungen
und Atemnot – unbehandelt kann PSP tödlich
enden.
Diarrhoeische
Muschelvergiftung (DSP):
Hier steckt Okadasäure dahinter. Die
Beschwerden beginnen meist schnell: wässriger
Durchfall, Erbrechen, Bauchkrämpfe.
Lebensbedrohlich ist DSP selten, aber sie kann
Betroffene mehrere Tage lang ausser Gefecht setzen.
Amnesische
Muschelvergiftung (ASP):
Die Domoinsäure greift das zentrale
Nervensystem an. Neben Übelkeit und Kopfschmerzen
kommt es häufig zu Gedächtnislücken oder
Orientierungslosigkeit. In schweren Fällen können
sogar langfristige Hirnschäden
auftreten.
Neurotoxische
Muschelvergiftung (NSP):
Diese Form der Vergiftung findet man vor allem in
tropischen Regionen. Auslöser sind Brevetoxine,
die zu Schwindel, Muskelschwäche und ungewöhnlichen
Sinneseindrücken führen – etwa dass Warmes kalt
wirkt und umgekehrt. Die Symptome ähneln
der PSP, fallen aber meist milder aus.
Tödliche
Vergiftungen durch Muschelessen auf der Strasse in
Istanbul am 17.11.2025: wird immer schlimmer: Auch Vater von deutscher Familie stirbt in
Istanbul
https://www.nau.ch/news/europa/auch-vater-von-deutscher-familie-stirbt-in-istanbul-67066470
Eine Mutter und
zwei Kinder sind in ihren Türkei-Ferien
verstorben. - keystone
Die Polizei sicherte Proben, darunter
Trinkwasser und Hotelgegenstände. (Symbolbild)
Die Polizei sicherte Proben, darunter
Trinkwasser und Hotelgegenstände. (Symbolbild) -
keystone
Ein Zimmer wurde mit mutmasslichen Pestiziden
desinfiziert. (Symbolbild)
Ein Zimmer wurde mit mutmasslichen Pestiziden
desinfiziert. (Symbolbild) - Booking.com
Der Artikel:
Redaktion - Türkei - Nach dem Tod der Hamburger
Mutter und ihrer zwei Kinder ist nun auch der
Vater in Istanbul gestorben.
Nach
dem Tod einer deutschen Mutter und zweier Kinder
starb auch der Vater in Istanbul.
Vermutet
wird eine Vergiftung durch Essen oder
Schädlingsbekämpfungsmittel im Hotel.
Elf
Verdächtige wurden festgenommen, darunter Hotel-
und Reinigungsmitarbeiter.
Nach dem Tod einer
Hamburger Mutter
und ihrer zwei Kinder ist nun auch der Vater in
Istanbul gestorben. Das teilte der Chef der
Istanbuler Gesundheitsdirektion, Abdullah Emre
Güner, auf X mit. Die Ermittlungen zur Ursache
der Todesfälle halten an.
Im Verdacht steht
Medienberichten zufolge eine Lebensmittelvergiftung
oder eine Vergiftung durch Chemikalien zur
Schädlingsbekämpfung. Ein offizielles Gutachten zur
Todesursache steht noch aus.
Elf Verdächtige festgenommen – Hotel
versiegelt
Nach
Medienberichten wurden inzwischen elf Verdächtige
festgenommen, darunter Essensverkäufer, Mitarbeiter
des Hotels der Familie im Stadtteil Fatih und
Mitarbeiter einer Firma für Schädlingsbekämpfung.
Ob die Festnahmen
miteinander in Zusammenhang stehen, war unklar. Die
Behörden äusserten sich zunächst nicht.
Das Hotel der
Familie wurde inzwischen evakuiert und versiegelt.
Zuvor waren zwei weitere Touristen aus demselben
Hotel mit Vergiftungserscheinungen im Krankenhaus
behandelt worden. Ein Zimmer sei mit Chemikalien zur
Ungezieferbekämpfung desinfiziert worden, hiess es.
Streetfood-Mahlzeit und plötzliche
Symptome
Vater, Mutter
und die Kinder waren vor mehr als einer Woche nach
Istanbul gereist. Die Familie soll am Dienstag um
die Mittagszeit in den Stadtteil Ortaköy gefahren
sein.
Das habe der Vater
der Familie ausgesagt, bevor sich sein Zustand
verschlechtert habe, berichtet die Zeitung «Sabah».
Dort hatte die Familie verschiedene
Streetfood-Gerichte zu sich genommen.
Am Mittwoch sei die
Familie zunächst wegen Übelkeit und Erbrechens in
ein Krankenhaus mit Verdacht auf
Lebensmittelvergiftung eingeliefert worden,
berichtete die staatliche Nachrichtenagentur
Anadolu.
Mutter und
Kinder schon beerdigt
Später sei die
gesamte Familie erneut in Krankenhäuser gekommen.
Zunächst seien beide Kinder gestorben, dann im
Abstand einiger Stunden auch die Mutter.
Die Behörden liessen einen Laden im Bezirk Besiktas
auf unbestimmte Zeit versiegeln.
Türkischen Medien
zufolge hat die Familie türkische Wurzeln und war in
den Urlaub nach Istanbul gereist. Das Auswärtige Amt
bestätigte, es handele sich um deutsche
Staatsbürger. Die Mutter
und die Kinder wurden inzwischen im westtürkischen
Afyonkarahisar beigesetzt.
In Istanbul sind gestern 25 Menschen nach einem
Restaurantbesuch mit Verdacht auf Lebensmittelvergiftung
ins Spital gekommen. Sie seien „bei allgemein guter
Gesundheit“ und erhielten „die nötigen medizinischen
Untersuchungen und Behandlungen“, schrieb der Chef der
zuständigen Gesundheitsbehörde der türkischen Metropole,
Abdullah Emre Güner, auf der Plattform X. Alle sollen
gestern Abend in einem Lokal im Istanbuler Bezirk Sisli
die traditionelle Speise Lahmacun bestellt haben.
Dabei handelt es sich um ein mit Faschiertem, Gemüse
und verschiedenen Gewürzen bestrichenes Fladenbrot.
Dem Sender CNN Türk zufolge klagten die Besucherinnen
und Besucher nach dem Essen über Übelkeit und
Erbrechen. Die örtlichen Behörden versiegelten das
Restaurant, für das laut CNN keine Betriebserlaubnis
vorlag.
14 Schüler nach Essen in Schulkantine erkrankt
Ebenfalls gestern kamen örtlichen Medienberichten
zufolge in Istanbuls Nachbarprovinz Kocaeli 14 Schüler
nach dem Verzehr eines Gerichts mit Hühnerfleisch ins
Krankenhaus. Laut der Zeitung „Habertürk“ plagten sie
ebenfalls Übelkeit und Erbrechen kurz nach dem
Mittagessen in der Schulkantine. Die Betroffenen seien
mittlerweile in guter Verfassung, hieß es heute von
Behördenseite.
Die Vorfälle werfen Fragen zu Lebensmittelsicherheit
und mangelhaften Inspektionen in der gerade für ihre
Kulinarik bekannten Metropole auf. Erst vor wenigen
Tagen hatte der Tod einer Hamburger Familie für
Entsetzen gesorgt.
Der anfängliche Verdacht einer Lebensmittelvergiftung
erhärtete sich dabei allerdings nicht – die Behörden
gehen inzwischen von einer chemischen Vergiftung nach
einer Schädlingsbekämpfung im Hotel aus.