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Estés: Tiefenpsychologie für Frauen und Lebensläufe in Märchen

Das Erkennen negativer Lebenssituationen - die Befreiung vom Terror-Mann oder von Terror-Müttern. Märchenbeispiele

5. Kapitel: Auf der Jagd: Das Herz des einsamen Jägers

von Michael Palomino (1994 / 2004)

Zusammenfassung aus: Clarissa Pinkola Estés: Die Wolfsfrau. Die Kraft der weiblichen Urinstinkte. Wilhelm Heyne Verlag, München, 1992

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5. Kapitel: Auf der Jagd: Das Herz des einsamen Jägers

Literaturbeispiel: Die Skelettfrau (zwingt den Mann zum Erkennen der weiblichen Psyche)


Die Treue des Instinkts im Auf und Ab des Lebenswegs

Die Skelettfrau: im Werden, im Vergehen, im Neuwerden der Liebe leben lernen

Wölfe sind instinktiv treu, auch wenn z.T. bissige Konflikte auftauchen. Warum? Weil sie die Beziehung auf der bedingungslosen Unterwerfung unter die Leben-Tod-Leben-Natur zurückzuführen ist.

Der Mensch betrachtet das Auf und Ab des Lebens oft als Strafe, wenn es abwärts geht, die Wolfsnaturen aber nicht. Die Instinktnatur verkraftet alle positiven und alle negativen Erfahrungen und bleibt dabei sich selbst und dem anderen treu.

Die Philosophie fordert vom Menschen, den Tod in den Lebensweg mit einzubauen.

Literaturbeispiel: Märchen: "Die Skelettfrau"
-- Darstellung von Liebe und Vereinigung als magische Verflechtung
-- so gewinnen beide Partner durch die Vereinigung eine Beziehung zu Kräften, die "hinter allen Dingen" stehen.

Frau Tod steht am "toten Punkt" - Umkehr in die aufsteigende Phase

Voraussetzung für dauerhafte Liebe ist ein unsichtbarer Dritter im Bunde: die Skelettfrau "Frau Tod". Sie ist die Verkörperung der Leben-Tod-Leben-Natur. Sie wird als Göttin verehrt, hat die Rolle des Orakels, wenn das Vertrauen in einer Beziehung verlorengeht. Wenn die Beziehung an einem toten Punkt ist, dann ist die Skelettfrau herzlich willkommen und muss umarmt werden, damit die Liebe von Dauer ist.

Märchen: Die Skelettfrau (aus der Arktis)

Vater stösst die Tochter wegen eines Vergehens eine Klippe runter ins Eismeer - die Tochter ertrinkt - Fische nagen alles ab, auch die kohlschwarzen Augen - das Skelett schwebt blick- und fleischlos unter den Eisschollen mit der Strömung - niemand fischt oder jagt dort, denn der Geist der Skelettfrau Angst verbreitet - eines Tages zieht einjunger Fischer aus der Fremde ins Land, fischt auf einem Kajak in der Bucht und fischt das Skelett und denkt: ein Riesenfisch, da muss ich lange nicht mehr fischen gehen - das Skelett wehrt sich aber, verfängt sich immer mehr - das Boot kippt fast - der Fischer hievt das Skelett aus dem Meer, das Skelett hat Muscheln dran und allerlei Getier - der Fischer verzichtet auf seinen Fang und will das Skelett mit dem Paddel in die Flucht schlagen, nur die Angelleine will er nicht verlieren - er zieht also das Skelett weiter mit, der Fischer rennt übers Eis, das Skelett hängt immer noch an der Leine, klappert entsetzlich, schnappt sich ein paar zum Trocknen ausgelegte Fische, isst sie - Im Iglu legt sich der Fischer sofort aufs Nachtlager, alles ist dunkel. Nach der Erholung zündet er eine Öllampe an, und da entdeckt er in einer Ecke einen Knochenhaufen - der Fischer ordnet nach einem Zögern die halbe Nacht lang das Gerippe, wickelt sich in ein warmes Fell und schläft. Traum: Die Skelettfrau bekommt eine Träne, und der Fischer trinkt die Träne. Die Träne ist für sie wie ein Strom, dessen Wasser den Durst eines ganzen Lebens löscht. - Die Skelettfrau ergreift das Herz des Mannes, das ebenmässig und ruhig in seiner Brust klopft, ergreift das Herz, trommelt mit ihren kalten Knochenhänden darauf und singt ein Lied: "Oh Fleisch, Fleisch, Fleisch", "oh Haut, Haut, Haut" - Folge: An ihren Knochen setzen sich Fleisch und Haut an, sie singt für alles, was der Körper braucht: Haare, kohlschwarze Augen, Nase, Ohren, breite Hüften, starke Hände, viele Fettpolster überall und warme, grosse Brüste. Dann singt sie dem Mann die Kleider weg, kriecht unter seine Decke, gibt ihm sein Herz wieder, schmiegt sich an ihn, und eng umschlungen erwachen sie aneinander geklammert.

Sie bleiben zusammen und leiden nie Mangel, denn sie werden von den Freunden der Frau im Wasser, den Geschöpfen des Meeres, ernährt und beschützt.

Deutung

Der Tod im Haus der Liebe

Szene im Märchen
Das Entwirren der einzelnen Teile der Skelettfrau

Deutung
Für diese Tätigkeit braucht es Weisheit, nicht nur Stärke. Umgekehrt: Viele Partnerschaften scheitern, weil die Weisheit in der Beziehung fehlt.

Voraussetzung zu einem guten Liebesleben ist eine enge, intime Beziehung mit der Leben-Tod-Leben-Natur (zum Auf-und-Ab des Lebens). Dann wissen wir von vornherein, dass eine haltbare Bindung aus unvermeidlichen Toden und überraschenden Neugeburten besteht.

Das Entwirren der Knochen ist die Arbeit, um die Leben-Tod-Leben-Natur zu erkennen. So werden die Partner erkennen, dass Leidenschaft nicht etwas ist, was man sich "holt", sondern etwas, was in Zyklen kommt.

Szene: Die Skelettfrau schläft mit dem Mann

Deutung: Die Skelettfrau führt vor, dass immer und nach jeder Situation Liebe und Hingabe entstehen kann. Die Situation ist rein zufällig, denn der Fischer hatte sich die Bucht nicht ausgesucht.


Der Tod in der westlichen Zivilisation

In der westlichen Zivilisation wird der Tod vom Leben abgetrennt behandelt. Folge: Beide Hälften der Lebenseinheit wirken wie unvereinbare Gegensätze destruktiv zueinander.

[nicht erwähnt: Der Tod ist in der Ideologie des Sieges von Marx bis Hitler nicht vorgesehen und deswegen absolut verdrängt].

Was noch an Wissen über die Leben-Tod-Leben-Natur da wäre, wird von der Todesangst verzerrt. Folge: Keine Anpassungsfähigkeit, keine Trauer und keine Wut. Den Aspekt des Todes zu verleugnen ist absolute Ignoranz gegenüber dem eigentlichen Leben.

Die konstruktive Vorstellung von Leben und Tod im Leben - Sieger-Typen landen in der Dauerangst

Man/frau soll sich Leben und Tod wie ein unzertrennliches Liebespaar vorstellen. Der Tod ist nicht ein Vergehen im Nichts, sondern erzeugt und birgt ständig neues Leben, sogar dann, wenn man - wie die Skelettfrau - bis auf die Knochen reduziert ist.

In einer Liebe werden zahllose Tode gestorben und viele scheinbar endgültige Enden erreicht. Wenn beide Partner aber begriffen haben, dass der ewige Wechsel zwischen Werden und Vergehen die wahrhafte Konstante der Beziehung ist, so ist jedes Ende ein neuer Anfang. Wenn dieser Gedanke nicht da ist, kann man kein einziges Ende ertragen.

Zum Schluss lässt man/frau sich mit keinem Menschen mehr ein, weil man sich immer neuen unbestimmbaren Zyklen ausliefern würde.

In den östlichen Kulturen herrscht die Vorstellung des Rades von Geburt und Wiedergeburt. Ist die Intuition geschult, so weiss sie genau, wann etwas sterben oder neu werden muss. Es ist wie eine innere Autorität.

Das Gerippe - der Psychoschaden der Liebe in der westlichen Zivilisation

Die Eingeweihten fürchten das Gerippe nicht. Die Nicht-Eingeweihten würden die Skelettfrau zurück ins Meer werfen.

In der Sieger-Zivilisation des Westens rennen die Menschen hastig von Liebe zu Liebe, um die wahre Liebe zu finden. Sie suchen nach einer ewig sich drehenden Liebesmaschine. Folge ist die totale psychische Wirrnis. So rasen die Menschen an den Zielen vorbei und können die Raserei nicht mehr stoppen [bis der Körper versagt].

Die Anfangsphasen der Liebe

Wenn man zufällig über einen Schatz stolpert

Ziel des Lebens soll sein, Innen- und Aussenwelt im Gleichgewicht zu halten.

Die Entwicklungsstufen von Liebe haben gemäss Estés sieben Stufen.

erste Stufe: Das Gegenüber erweist sich als kostbarer Schatz, aber man erkennt sich noch nicht ganz.

zweite Stufe: Einer der beiden zieht sich zurück, versteckt sich, der andere sucht und verfolgt ihn.

3./4.Stufe: Phase der Entwirrung, der dämmernden Einsicht in die Zyklen von Werden und Vergehen, Entwicklung von Mitgefühl

5.Stufe: Phase des Vertrauens und völliger Entspannung im Beisein des anderen

6.Stufe: Austausch der Vergangenheitserlebnisse und Zukunftsträume, Heilen aller Wunden und Liebesängste.

7.Stufe: Beide können das Herz so einsetzen, dass neues Leben entsteht und Körper wie Seele sich vereinigen können.


Der Liebesfischer - das Erkennen der Aufgabe

Meist spielen sich folgende Vorgänge ab:
-- in aller Naivität und Ahnungslosigkeit nimmt sich der Mann eine Frau und ist nachher völlig überfordert
-- der Mann nimmt sich in seiner Geltungssucht eine Frau, um eine innere Leere zu füllen
-- oder der Mann sucht sich eine Frau, weil er Trost sucht, um getröstet zu werden von früheren schmerzhaften Verlusten
-- oder der Mann nimmt sich aus Vergnügungssucht eine Frau und ist nachher völlig überfordert, denn die eigentliche Absicht war nur Zerstreuung.

Allgemein wird aber v.a. der Leben-Tod-Leben-Aspekt mit jeder Frau ins Haus geholt.

Szene im Märchen
Der Fischer will die Skelettfrau mit dem Paddel verjagen und es nützt nicht.

Deutung:

Der Fischer hat sich eine Frau angelacht und fühlt sich nun überfordert und will sie verjagen, was aber nichts nützt. Heiratsmotive wie Romantik, Beruf oder Geld erfüllen seelisch eben auf die Dauer nie. Die Frau will mehr.

Gleichzeitig sind aber Männer nicht bereit, für eine Liebe im Voraus zu arbeiten. Wenn aber keine Arbeit an sich selbst stattfindet, dann wird der Mann nie zum kostbaren Schatz, über den ein anderer/eine andere dann stolpern wird.

Szene im Märchen
Der Fischer freut sich auf den grossen Fisch und muss entdecken, dass er ein Frauenskelett an der Angel hat.

Deutung:
Die Erste-Liebe-Phase", der erste Liebesrausch, ist zu Ende. Alles gerät durcheinander. Erwartungen sind enttäuscht, Illusionen müssen sterben. Es folgt die Auseinandersetzung mit dem Gegenüber, wo alles instinktive Wissen gebraucht wird. Dabei sind folgende Sterbevorgänge zu beobachten:
-- Illusionen sterben
-- Erwartungen sterben
-- die Habgier stirbt
-- die "schöne Welt" stirbt.

Diese Elemente sterben, weil die Sehnsucht nach Gefühlstiefe und Wahrheit grösser wird als die Arroganz des Egos. Diese Wahrheit muss der Mann erkennen, die zur Leben-Tod-Leben-Natur führt. Die erste Reaktion des Mannes ist dabei immer die Abwehr.

Szene im Märchen
Der Vater lässt seine Tochter am Anfang des Märchens im Meer untergehen.

Deutung:
Die Handlung ist eine Rückzugsreaktion des Mannes, der die Frau nicht verstehen will. Er lässt die Tochter wegen eines Verstosses untergehen und vernichten. Dabei war die Tochter eine wildnatürliche und instinktiv wissende Frau, die weiss, dass sie wiederauferstehen wird.

In Beiden Fällen, beim Vater wie beim Fischer, wird durch die Frauen die "Schöne Welt" zerstört. Statt eine "Schöne Welt" kommt eine versteinerte Beziehung heraus.

Grundsatz:
Das stetige Streben nach Positivem ist der Todesstoss der Liebe. Die Skelettfrau kommt immer früher oder später. Dann kommt der Schreck und die Lebensberatung. Davonlaufen gehört für kurze Zeit dazu, denn es braucht Abstand, um die Starre der Beziehung festzustellen. Eine solche Beziehung kann keine Hürden nehmen, weil sie nicht "schwingt". Die Beziehung fällt dann oft "auf die Nase", mit Frust, Nachlassen der Libido und Empfindung durch dauernde "Reperaturarbeiten".

Verstecken und verfolgen in der Beziehung

Der Moment, wo die Skelettfrau, die Wahrheit über die Schattenseite auftaucht, ist ein Schock für den Fischer, weil es meist die direkte Auseinandersetzung mit dem Tod der persönlichen Vorstellungen und egoistischen Absichten ist. Dieses Erkennen ist der Grundstein für tiefergehende Liebe.

Szene im Märchen
Der Fischer lässt die Rute nicht los, zieht die Skelettfrau aus Habgier an der Rute mit! Auf dem Weg isst das Skelett aus Hunger die Fische an der Leine.

Deutung:
In einer Beziehung entzieht sich der eine, dann wird der andere hungrig und lebendiger. Dabei kommt es immer zu völlig widersprüchlichen Gedanken, die von Tag zu Tag wechseln können. Es ist

Todesangst vor neuen Erfahrungen, es kommt zu totalem Selbstzweifel, zu Zweifel an den eigenen Fähigkeiten.

Der Lehrer der Liebe: die Skelettfrau
Viele scheuen vom Tiefgang der Seele, wollen andere Partner, stossen die neuen Lebenselemente weg, aber es gibt kein Entrinnen [ausser das Ende in der Isolation und in Angst]. Das Ego muss sich der Seele beugen, sonst lernt man nie dazu, denn das Ego lehnt alles ab, was nicht Begierde ist. Beim Auftauchen der seelischen Tiefen - im Märchen als Skelettfrau dargestellt - sehen viele Menschen das Ende einer Beziehung.

Dann folgt die Reaktion. Szene im Märchen:
Der Fischer vergräbt sich unter einer Bettdecke.

Deutung: Der Fischer will etwas Abstand gewinnen, sich etwas entziehen, den Einweihungsweg durchlaufen, mit etwa solchen Gedanken: "Halt, ich brauche jetzt ein bisschen Abstand"
oder: "Ich brauche meinen eigenen Freiraum."

zweck: Der Fischer will die positiven Aspekte der Beziehung erhalten, die Todesnatur kaschieren bzw. die Skelettfrau ignorieren. Es ist eine Sackgasse. Folge ist aber auch: Der andere verfolgt den einen, der Abstand will.
oder andere Reaktion: Entschluss, das "Schreckgespenst" der seelischen Tiefen gemeinsam anzuschauen, aber es kommt zu Uneinigkeit über den Zeitpunkt, Dann entsteht enorme Unsicherheit beim anderen Partner.

Szene im Märchen:
Der Fischer zündet die Öllampe an und setzt sich mit der Leben-Tod-Leben-Natur auseinander. Er befasst sich mit seinen Ängsten. Resultat: Er entwickelt Verständnis und Staunen.

Deutung:
Der Fischer nimmt die Herausforderung, die Seelentiefen der Frau zu entdecken, an. Wird die Seelentiefe der Skelettfrau angenommen, so steigert sich die Liebesfähigkeit ins Unendliche. Dies ist eine Herausforderung. Wenn sie bewältigt wird, kommt die totale Befriedigung. Die Herausforderung sollte angenommen werden.

Das Skelett entwirren
Szene im Märchen
Der Fischer geht mit dem Chaos der Knochen um. Er beginnt, die Skelettfrau aus der Leine zu befreien und leise murmelnd die Knochen zu ordnen. Das Mitgefühl überwindet allen Ekel, alle Furcht und Grauen. Das Selbst stellt unsere Reife auf die Probe.

Deutung:
In vielen Märchen erscheint das Schöne zuerst in abstossender Verkleidung, um den Charakter von jemandem auf die Probe zu stellen. Die Verweigerer werden dann bestraft, diejenigen, die das Unschöne zu berühren fähig sind, werden belohnt. Wenn wir das Unschöne zurückweisen, werden wir vom Leben abgeschnitten und isoliert.

Wenn das Unschöne verachtet wird, so ist der Charakter etwa folgender:
-- der Mensch missbraucht Liebe
-- der Mensch bringt seinen Mangel an Loyalität und Ausdauer zum Ausdruck
-- sein Ego verurteilt
-- sein Ego diskriminiert
-- die Zyklen der Wildnatur von Werden und Vergehen haben solche Menschen nicht erkannt.

Das Skelett entwirren, heisst:
-- alle die arroganten Eigenschaften sind aufgegeben

-- die lähmende Angst vor der Wahrheit ist vergessen
-- die Person hat gelernt, aus dem Unterbewusstsein Kraft zu schöpfen
-- die Person hat gelernt, viel Geduld zu haben, und hat damit das Ego überwunden, ist bereit zu Erkenntnisschritten, zu sterben und zum Wiedergeboren-Werden.

Nach dem Entwirren wird man das Wesentliche erkennen.

Die menschliche Entwicklung während dem Sortieren der Knochen
-- ruhiger werden
-- gelassener werden, denn der Fischer beginnt zu merken: Auf eine Talfahrt folgt eine neue, aufsteigende Phase
-- vor einem Schock hat der Fischer keine Angst mehr, und bei Glück und Erfolg kann man sich im Überschwang beherrschen
-- Entwicklung eines kreisförmigen Strebens, keine geraden Linien mehr, keine Pfeile mehr, sondern wiederholendes Anstossen
-- der Fischer entwickelt ein intuitives Wissen, was zu welcher Zeit dran ist: Dies ist die "kostbarste Perle", diese wird während des Prozesses erworben.

Der Schlaf des Vertrauens - das Zeichen der Unschuld

Szene im Märchen:
Nach dem Ordnen der Knochen schläft der Fischer ein. Er hat alle seine Schutzmechanismen gegenüber dem Skelett aufgegeben. Dabei vergisst er alles oder will vergessen. Jedoch erfolgt nicht ein neuer Anfang im Unbewussten, sondern die Weisheit der Unschuld.

Deutung:
Es findet hier ein Prozess statt, der im Schlaf passiert: lange genug stillhalten, so dass sich die naturgegebene Unschuld offenbaren kann.

Es heisst: Alles, was wir wirklich suchen, sucht uns seinerseits schon seit Ewigkeiten und es findet uns, wenn wir nur ein Weilchen innehalten können.

[nicht erwähnt: Dies ist der Idealfall, der meist nicht zutrifft...].

Im Schlaf vergisst der Fischer seine Narben und Schrecken vom Vortag. Der Schlaf ist eine Art Selbstheilung.

Überempfindlichkeit und Misstrauen zu einer Beziehung - der Sprung ins Unbekannte
Menschen entwickeln berechtigtes Misstrauen, das anzeigt, wenn eine tatsächliche Gefahr besteht. Gleichzeitig besteht aber auch ungerechtfertigtes Misstrauen, entstanden durch frühere, unverheilte Verletzungen, die Vorsicht und Empfindlichkeit erzeugen, die auf Angst der Wiederholung beruhen.

Die tief verletzte Psyche kommt so an einen Punkt, wo sie weiss, dass sie ins Unbekannte springen und das Vertrauen aufbringen muss, einer Liebe zu folgen, denn es ist besser, dem Unbekannten eine Chance zu geben als dauerndes Wundenlecken.

Die Angst vor dem Einschlafen
In gewissen Partnerschaften haben die Partner Angst, vor dem anderen einzuschlafen, denn sie wollen nicht zur psychischen Unschuld zurückkehren und sich so verletzlich machen. Sie fühlen sich ausgeliefert. Sie projizieren alle möglichen negativen Absichten in den andern hinein, trauen sich aber an dieses Problem nicht heran. Es wäre eine Selbstuntersuchung, die zur eigenen Leben-Tod-Leben-Natur führen würde mit völlig neuer Lebensperspektive. Die Betroffenen klammern sich noch am alten leben fest. Dabei ist das einzige, das man/frau wissen muss, dass ein Ende zu einem neuen Anfang führt. Solche Leute müssen vom Schlaf übermannt werden, damit sie schlafen.

Die Träne des Wissens vergiessen
Szene im Märchen:
Der Fischer verliert im Schlaf eine Träne

Deutung:
Die Träne kommt aus Gefühl, aus leidenschaftlicher Liebe und Mitgefühl für die eigene Person und das Gegenüber. Es sind die seltensten Tränen, die ein Mensch je vergiessen kann, v.a. als Mann oder als "hartgesottene", vom Lebenskampf gestählte Frau. Es ist die Träne nach der Selbstbegegnung.

Die Situation, in der man diese Träne meint, kommt im Zustand abgrundtiefer Erschöpfung, bei tiefster Selbsterkenntnis und Selbstentblössung, dazu die Sehnsucht, die Umwelt zu verstehen und Erleichterung zu erfahren. Es ist ein Überströmen an wortlosem Verständnis. Nur dieses Strömen kann den Durst einer Partnerin löschen.

Eine Frau sehnt sich nach nichts mehr, als diese Träne im Auge ihres Mannes zu sehen, denn diese Träne ist das Eingeständnis, dass der Mann die Wunden, die er sich selbst und anderen geschlagen hat, zu fühlen: Er weint, weil er weiss. Dieses Wissen enthält Heilkraft.

Szene im Märchen:
Ohne Träne käme die Skelettfrau nicht zum Fischer. Die Träne ist der stille Ruf.

Die Art der Liebesbeziehung: das Wissen

Existenzielle Elemente von Liebe sind: jemanden stützen für jemanden da sein. Dies reicht aber nicht, denn das Ziel ist Wissen, das Wissen über das Todbringende und das Lebenspendende in der Psyche aller Geschöpfe. Nur: Wie soll der Mann dieses Wissen erreichen?

Es gibt gemäss Estés nur einen Weg: Der Mann muss so weit kommen, dass er seine Verwundung spürt und zugibt, dass er von der Urnatur abgeschnitten ist. Folge dieses Eingeständnisses ist die Träne, denn der mann erkennt, dass er sich selber lieben kann: Sein Ego ist geboren. Nun verlangt er nicht mehr, dass die Frau seine schmerzen stillt. Der Missbrauch der Frau als Trösterin ist beendet.

Szene des Märchens:
Die Leben-Tod-Leben-Natur erkennt die Erkenntnis des Mannes, legt isch zu ihm und saugt die Träne als Nahrung auf.

Deutung:
Der Mann entwickeln ein grosses, ozeanisch fühlendes Herz.

Tränen im Märchen
Tränen sind Symbol für eine bevorstehende Verwandlung und Vereinigung mit etwas Grösserem. Wasser von Tränen weicht die Härte des Schutzpanzers auf, erstarrt Herzen schmelzen.

Die fortgeschrittenen Phasen der Liebe

Szene im Märchen:
Auf dem Herz trommeln und dazu singen

Deutung:
Die Trommel verkörpert die geistige Reise. Jede Trommel hat eigene, spezielle Fähigkeiten, beschwört eine ganz bestimmte Kategorie von Geistern oder Energien herauf. Auf dem Herzen eines Mannes zu trommeln hat also besondere Bedeutung.

Szene:
Die Skelettfrau trommelt auf das Herz des Mannes.


Deutung:
Die Bedeutung ist auf mehreren Ebenen zu suchen.
-- Warum auf dem Herzen trommeln? - das Herz ist das wesentlichste Organ, ist psychologisches und physiologisches Seinszentrum, ist Sitz der Kraft der rückhaltlosen Liebe
-- die Skelettfrau benutzt das Herz des Fischers als Musikinstrument: Sie bearbeitet den zentralen Motor der gesamten Psyche: das Herz, nicht das Gehirn. Nur das Herz kann die Leben-Tod-Leben-Natur befriedigen
-- das Übergehen des Herzens des Mannes an die Skelettfrau: ergibt

o Klangebilde
o Inspirationen
o Eingebungen
o Gedanken
o Farben
o Gefühle
o Bilder
o Schaffenskraft ohne Gleichen.

Es kann also nur positiv sein, das Herz der Skelettfrau zu überlassen. Es kommt zur Entwicklung einer ungeheuer inspirierenden Kraft, zur Entwicklung femininer Urkräfte, die Mutterschoss werden die Träger von Tod und inspirierter Neuschöpfung in einem wird. Ein solcher suchender Mann ist also fähig, auf die Herzen vieler Menschen so zu wirken, dass es stimulierend wirkt.

Deutung des Gesangs:
ist die Kräftebeschwörung, verursacht psychische und geistige Veränderung oder Wanderungen, bewirkt das Aufblühen von verborgenem Bewusstsein.

Die Frau ist Künderin von Leben und Tod

Die Skelettfrau ist in jeder Frau. Das Wissen der Skelettfrau wiederholt sich in jeder Frau, jeden Monat, mit Blut ablassen und Neubeginn. Jede Frau ist also ein Instrument der Leben-Tod-Leben-Natur: jeden Monat einmal ein physisch, emotional und spiritueller Höhepunkt, dann wieder ein Tiefpunkt.

Insgesamt ist der weibliche Zyklus nur einer von vielen viel weiterreichenden Zyklen. Von dieser Ausstrahlung der Sicherheit und des Wissens bekommen die Männer Angst und sie laufen davon, denn hinter jedem Zyklus steht die Todesmaske. Jede Frau ist Künderin von Leben und Tod. Die Männer wollen nur den permanenten Höhepunkt und scheuen, den Tod als Lebenselement anzuerkennen.

In vorchristlicher Zeit war der Tod im Leben integriert. Der Tod bzw. die Skelettfrau war geistiger Transformator und engster Verwandter des Menschen, als "Mutter der Toten" oder als "Todesmaid" bezeichnet, war die Botin des Schicksals. Nur die überzüchtete, westliche "Zivilisation" lehnt alles Transformierende ab und macht es lächerlich.

Das Auf und Ab in einer Beziehung als Tanz durch Tag und Nacht - das mögliche Versagen des Partners

Eine Beziehung ist ein endloser Tanz durch Tag und Nacht, jahrelang, wo es auch Pannen gibt. Dann soll man warten können, sonst kommt ein Verlangen nach Reanimation zu extrovertierten Aktivitäten auf: Geld ausgeben, Nervenkitzel provozieren, Seitensprung. Das ist der Weg der Uneingeweihten. Sie haben den Lehrer der Liebe noch nicht erkannt. Man kann dem Tod bzw. dem Tiefpunkt im Leben nicht durch Aktivität entrinnen.

Die Einsichten sind:

-- es gibt keine Gerechtigkeit in der Welt
-- einmalige Gelegenheiten ergeben sich immer, wenn woanders Unrecht entstanden ist
-- Gelegenheiten entstehen manchmal für lange Zeit keine mehr.

Die Entwicklung des Fischers im Märchen im Überblick

Die typischen Stufen, die jeder Lernwillige in Sachen Liebe durchläuft:
-- zuerst der unbewusste Jäger und Angler
-- dann wird der Jäger vom Jäger zum Gejagten durch die Skelettfrau, aber es gibt kein Entrinnen
-- als Folge muss der Mann seine Gefühle entwirren und Zugang zur eigenen Wesensnatur finden und feststellen, dass die Naturen nicht mehr verschieden sind
-- der Mann muss sich die Frage nach der seelischen Existenz des Gegenübers stellen
-- dann muss der Mann in den Schlaf versinken und Verletzlichkeit zulassen lernen, mit Tränen, mit Erwarten, dass die Frau kommt, sie soll sich in sein Herz hineintrommeln
-- so kommt die Vereinigung und die Transformation zustande.

Die Männer lehnen das normale Verhalten der Frau aus Angst ab. Wenn die Männer keine Angst mehr haben bzw. das Wissen um die Frauen oder eine Beziehung vorhanden ist, so gibt die Frau alles. Und erst wenn der Mann voll entwickelt ist, kann die Skelettfrau eine Frau werden.

Wenn der Mann nicht entwickelt ist, müssen die Entwicklungsstadien durchgemacht werden, sonst wird der Sex in einem unterentwickelten Stadium bleiben. Die Entwicklung muss nachgeholt werden. Dies ist schwer, denn es braucht einen sehr starken Willen dazu, weil das Ego genusssüchtig ist (wie Manawees Hund).

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